Das Mietshäuser Syndikat als Spezialfall einer GmbH-Konstruktion für Wohnprojekte

Das 1992 in Freiburg gegründete Mietshäuser Syndikat ist eine Organisation, deren Mitglieder sich für gemeinschaftliches Eigentum zum selbstorganisierten Wohnen einsetzen. Das Syndikat schafft bezahlbaren Wohnraum, erhält ihn und entzieht ihn durch geschickte Anwendung geltender rechtlicher Grundlagen dauerhaft der Spekulation. Dies wird durch eine Verknüpfung mehrerer Rechtsformen erreicht.

MHS-Struktur

Bezogen auf ein Wohnprojekt steht jeweils eine Haus-GmbH im Zentrum des Konstrukts. Zusammen mit der Mietshäuser Syndikat GmbH ist sie die Eigentümerin der Immobilie des Wohnprojekts. Deren Bewohnende sind über einen Hausverein organisiert, der die eine Hälfte der Gesellschafter der Haus-GmbH stellt. Die andere Hälfte der Gesellschafter stammt aus der Mietshäuser Syndikat GmbH, welche wiederum im alleinigen Besitz des Vereins Mietshäuser Syndikat ist. Die Geschäftsanteile in der Haus-GmbH sind mit 50,4% zu 49,6% zu Gunsten des Hausvereins verteilt. Dies entspricht auch dem Beitrag des Mietshäuser Syndikats am Stammkapital der Haus-GmbH, nämlich 12.400 € von den insgesamt benötigten 25.000 €.

Unabhängig von der Höhe der Geschäftsanteile haben Hausverein und Mietshäuser Syndikat GmbH jeweils eine Stimme. Die Mietshäuser Syndikat GmbH hat nur Stimmrecht für wenige, aber für den Erhalt der Wohnimmobilie zentrale Punkte. Der Verein Mietshäuser Syndikat kann über sie insbesondere ein Veto gegen einen Verkauf der Immobilie einlegen. Ein einseitiger Ausstieg aus der gemeinsamen GmbH ist durch die Regelungen des Gesellschaftsvertrags unattraktiv.

Die Mitglieder des Hausvereins organisieren ihre Wohnprojekt-Immobilie eigenverantwortlich. Entscheidungen wie Wohnungsvergabe, Finanzierung und Miethöhe sind Aufgabe des Hausvereins, also der im Projekt lebenden Menschen. Allerdings muss – neben der konzeptionellen Projektidee – das Finanzierungskonzept der Haus-GmbH auf einer Mitgliederversammlung des Vereins Mietshäuser Syndikat gebilligt werden, um von dieser einen Beteiligungsbeschuss der Mietshäuser Syndikat GmbH zu erhalten. Dazu gehört z.B. auch das Bekenntnis zur Zahlung des Solidarbeitrags sowie die Darlegung eines Konfliktbewältigungsfahrplans.

Die Finanzierung der Immobilie muss, abgesehen vom Gesellschaftsanteil des Mietshäuser Syndikats, von der Projektgruppe selbst aufgebracht werden. In der Regel wird ein großer Teil des Eigenanteils über Direktkredite abgedeckt, die unterstützende Freund:innen und Bekannte zur Verfügung stellen. Bankenkredite werden über die Jahre über die Mieteinnahmen zurückgezahlt.

Eine tragende Säule des Mietshäuser Syndikats ist der Solidartransfer. Anderen Menschen soll dadurch ebenfalls die Möglichkeit gegeben werden, zeitlich unbegrenzt und kostengünstig zu wohnen. Mitglieder und Projekte unterstützen sich dafür zum einen durch den gegenseitigen unentgeltlichen Austausch von Informationen und Erfahrungen. Zum anderen existieren verschiedene Formen des finanziellen Solidartransfers. Jedes Projekt zahlt – je nach Leistungsfähigkeit der Haus-GmbH – jährlich Solidarbeiträge an das Mietshäuser Syndikat bzw. an weitere zugehörige Körperschaften wie die Solidarfonds GmbH oder den Solidarisch Wirtschaften Verein. Eine davon ist die erst vor kurzem gegründete Syndikatsstiftung. Von den Projekten hierein gespendete Solidarbeiträge oder Zustiftungen könnten z.B. als Basis für den Kauf von Grundstücken dienen, die – ähnlich wie bei der Stiftung trias – neuen Projekten in Erbpacht zur Verfügung gestellt werden.

Solidarität ist aber keine Einbahnstraße. Sollten Projekte unverschuldet in Schieflage geraten, so liefert der Solidartransfer auch gewisse Sicherheiten und kann wieder zurück zur ursprünglichen Quelle fließen. Die derzeit fast 200 Wohnprojekte sind und bleiben einander verbunden.

Das Prinzip des Mietshäuser Syndikats dient mittlerweile auch diversen anderen solidarisch organisierten Immobilienstrukturen als Vorbild. Im Bereich landwirtschaftlicher Betriebe bietet das Ackersyndikat alternative Ansätze. Das SauRiassl Syndikat, die WEGdamit GmbH oder die Likedeelerei vergesellschaften auf ähnlicher Basis Häuser oder einzelne Wohnungen. Und auch auf internationaler Ebene entstanden in den vergangenen Jahren diverse Organisationen, mit dem Ziel, die Häuser denjenigen zu sichern, die darin wohnen.

Dieser Artikel von Magnus Pagendarm und Christian Bielke erscheint neben vielen weiteren Beiträgen in der Broschüre „Rechtsformen für Wohnprojekte“ der Stftung trias, die 2024 neu aufgelegt wird.

Viele weitere Infos zum Mietshäuser Syndikat finden sich natürlich auch direkt auf dessen Webseite.

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